Nach der Spuk-Nacht des letzten Jahres gab es in diesem (dem zwölften) Jahr, genauer gesagt am 21. November, die Orgel-Song-Nacht.
Wie kam es dazu? Sicherlich haben alle auch schon mal im Radio oder im Kaufhaus Schlager, Chansons oder auch Rock- oder Pop-Titel gehört, bei deren Text man gedacht hat: Was für ein Schwachsinn! Und auch bei Musicals, Filmen, Operetten oder Opern gibt es Banales und völlig Sinnfreies. Andererseits gibt es aber auch Songs, egal aus welcher musikalischen Stilrichtung, bei denen man denkt: Ja, das kann ich nachvollziehen, das habe ich auch schon gedacht oder gefühlt.
Spätestens seit Bob Dylan für seine Songs den Nobelpreis für Literatur bekommen hat, hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Liedtexte eine Literatur-Gattung sein können. Dabei sind die Anforderungen nicht trivial: In drei bis fünf Minuten eine Handlung zu erzählen, Gefühle auszudrücken oder ein Thema sinnvoll anzusprechen, ist nicht ganz leicht. Aber es gibt immer wieder Künstler, denen genau das gelingt. Und seien wir ehrlich: Jeder von uns hat sein Lieblingslied, das er immer wieder gerne hört und mit dessen Inhalt er viel verbindet. Natürlich könnte man meinen, die meisten Liedtexte drehen sich um das Thema Liebe, und was soll man sagen: Ja, so isses! Insofern spielen Texte, die sich um Beziehungen, um Liebe oder Abschied drehen, in dieser Orgelnacht eine große Rolle.
Und deshalb ist diese Orgel-Song-Nacht anders als alle vorhergegangenen Orgelnächte: Keine längeren Geschichten werden erzählt, sondern kurze, zum Teil eigens für diesen Abend übersetzte Liedtexte werden vorgetragen – sozusagen geballte Emotion – was für die Vorleserinnen und Vorleser eine Herausforderung darstellt, die diese aber glanzvoll bestehen!
Schon am Vorabend und am Freitagvormittag war wieder ein Team von Technikern und Dekorateuren in der Kirche tätig. Sie installierten insgesamt vier Computer, acht LED-Beamer (zwei davon für Hinterwandprojektion), eine Kamera und zwei Großleinwände, sie statteten den Platz für die beiden Vorleserinnen und den Vorleser sowie die Altarstufen passend zum Thema des Abends aus, bereiteten die Beleuchtung vor und bauten die Imbiss-Stationen auf. Dank der verwendeten Technik, kann das Publikum die Organisten dann während der ganzen Nacht auf einer Großbildleinwand verfolgen.
(Alle Fotos dieses Beitrages wurden uns freundlicherweise von Herrn Daniel Fleer zur Verfügung gestellt.)
Ein kurzer Einblick in die Vorbereitung:
Pünktlich um 18:30 Uhr beginnt sich unsere stimmungsvoll ausgeleuchtete Pfarrkirche mit etwa 150 Besucher zu füllen, die sich auf die Song-Texte, auf dazu passende Orgel-Improvisationen und auf ausgesuchte Bilder freuen. Sie werden von Simone-Hirsch-Bicker und Helmut Fleer begrüßt.
Unter dem Oberbegriff „Liedermacher & Chansons“ startet der Abend. Texte der großen französischsprachigen Vertreter dieses Genres, wie Edith Piaf, Charles Aznavour oder Jacques Brel kommen ebenso zu Wort wie die deutschsprachigen Liedermacher Reinhard Mey, Hannes Wader oder Herman van Veen. Insgesamt bilden 13 Song-Texte ein weltweites Spektrum aus fast 70 Jahren. Die auf der Leinwand gezeigten Fotos der Original-Interpreten oder auch der Platten-Cover wecken Erinnerungen.
Martin Neuhaus liest die Texte engagiert und einfühlsam und gibt den darin eingeschlossenen Emotionen durch seinen Vortrag eine berührende Tiefe. An der Orgel untermalt Maximilian Berzon diese Texte und erzeugt Klänge, die den großen Gefühlen Ausdruck verleihen. Sein „Herbstgewitter über Dächern“ kostet alle Möglichkeiten der Orgel aus, aber auch die Stille der eher traurigen Momente ist deutlich hörbar. Großer Applaus am Ende zeigt, dass das Experiment – mehrere kurze Liedtexte statt einer langer Geschichte – einen guten Anfang nimmt und beim Publikum sehr gut ankommt.
Nach dem ersten Durchgang gibt es wie in jedem Jahr eine kleine Pause, die den Sitzmuskeln eine kleine Erholung von den doch recht unbequemen Kirchenbänken gönnt, die einen kleinen Imbiss bietet und in der die Organisten und Vorleser in Ruhe wechseln können.
Im zweiten Durchgang kommt ein Team zum Einsatz: Tanja Weßkamp-Lenkewitz als Rezitatorin und ihr Mann Christoph Weßkamp an der Orgel präsentieren unter dem Titel „Deutschrock & Britpop“ Texte und Melodien aus 60 Jahren in einem gelungenen Gesamtkunstwerk. Beginnend bei den Rolling Stones und den Beatles, über die Deutschrocker Novalis, Klaus Lage, Herbert Grönemeyer und Ina Deter, bis zu Travis, Wir sind Helden und den Toten Hosen kommt ein breites Spektrum an anspruchsvollen Texten und kunstvoll eingeflochtenen Melodien zum Vortrag. Und da dem Organisten die Möglichkeiten der Orgel nicht immer ganz ausreichen, hat er noch ein kleines Glockenspiel mitgebracht!
Auch hier wieder: Großer Applaus am Ende – was will man mehr!
„Ballads & Blues“ heißt der dritte und letzte Teil des Abends, und das heißt, es wird romantisch und sehr gefühlvoll. Hierbei werden im Wechsel von Texten und Musik Songs aus den letzten 60 Jahren vorgetragen. So abwechslungsreich wie die Original-Interpreten sind auch die Texte, die in gewohnt begeisternder Art von Stefanie Hilgert vorgetragen werden und die kongenial von David Holz auf der Orgel interpretiert werden. Hier eine kleine Auswahl der Künstler, deren Texte ausgewählt wurden: Nina Simone, Alexandra, Janis Joplin, Simon & Garfunkel, Eric Clapton, Udo Lindenberg und Roger Cicero. Zusammen mit den gezeigten Bildern ruft das Erinnerungen beim Publikum hervor, die wohl genauso gefühlvoll sind, wie man es bei Balladen und Blues erwarten kann.
Lang anhaltender Applaus am Ende ruft noch einmal alle Akteure des Abends nach vorne. Simone Hirsch-Bicker und Helmut Fleer bedanken sich bei allen Mitwirkenden, besonders aber auch beim Publikum, für diese tolle Orgel-Song-Nacht. Und auch 2026 wird es wieder eine Orgelnacht geben, dann am 20. November. Also: Save the date!




































































